Wie wir arbeiten
Das Grundlegende an unserer Arbeit
Wir begleiten die Kinder, indem wir schauen, wo unsere Hilfe hilft und wo sie stört. Wir kümmern uns bedürfnisorientiert mit einem wohlwollenden Blick sowohl für jede einzelne Persönlichkeit als auch für die Gruppe im Ganzen. Wir arbeiten auf der Grundlage des Berliner Bildungsprogramms und mit den Ansätzen von Emmi Pikler und Maria Montessori.
Die Basis, um Fähigkeiten entwickeln zu können, ist der respektvolle Umgang miteinander und Vertrauen - Vertrauen zu den Bezugspersonen und auch in die eigenen Fähigkeiten. Dafür schaffen wir eine sichere und wohltuende Umgebung für die Kinder und viele Möglichkeiten, in denen sie Probleme selbst angehen können mit der Gewissheit, im Fall des Falles notwendige Unterstützung zu erhalten. Wir gestehen den Kindern Kompetenz zu, Probleme selbst zu lösen.
Wir fördern das freie Spiel. Es ist ein hervorragendes Lernfeld, in dem die Kinder in ihrem individuellen Tempo folgendes üben und entwickeln:
- ihre motorischen Fähigkeiten
- Selbstständigkeit
- Konfliktfähigkeit
- Konzentrationsvermögen
- Frustrationstoleranz
Außerdem üben und erlernen die Kinder im selbstbestimmten freien Spiel den selbstverantwortlichen Umgang mit sich und in der Gruppe. Wir arbeiten mit einer besonderen Aufmerksamkeit bei der Betreuung der Kinder und mit besonderem Fokus auf die Vorbereitung der Umgebung.
Wir pflegen einen umfangreichen Austausch mit den Eltern. Wir geben dafür Raum im alltäglichen Austausch über Geschehnisse im Kinderladen oder zu Hause während der Bringe- und Abholzeit, in geplanten Elterngesprächen oder Elterngesprächen nach Bedarf und innerhalb der Elternabende, die alle acht Wochen stattfinden.
Selbstbewusstsein
In unserem Laden gibt es so viele Regeln wie nötig, gleichzeitig so wenige, wie möglich. „Bin ich hungrig oder müde, ist mir kalt oder warm?“ - Abgesehen von den Regeln, die der gesunde Menschenverstand vorgibt, können sich die Kinder selbst erfahren. Sie lernen, ihre eigenen Bedürfnisse erkennen und achten. Je nach Entwicklungsstand werden die Kinder dabei angemessen von unseren Pädagog*innen, Springer*innen und Bundesfreiwilligendienstleistenden unterstützt.
Die Entwicklung des „Sich selbst bewusst sein“ ist nur im Kontext mit der Umgebung und der Gruppe möglich. „Welche Auswirkungen hat mein Verhalten?“ „Wie unterscheide ich mich von anderen, wie gleiche ich ihnen?“ „Suche ich den Kontakt oder habe ich das Bedürfnis, mich abzugrenzen?“ Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist deshalb das freie Spiel. Dabei lernen die Kinder, sich selbst etwas auszudenken, zu erkennen, was ihnen wichtig ist, soziale Kontakte zu knüpfen und gleichzeitig auch, den anderen Grenzen zu setzen oder sich zurückzuziehen.
Es ist uns wichtig, keine Aktivitäten oder „Lösungen“ vorzugeben, sondern den Kindern die Umsetzung ihrer eigenen Ideen zu ermöglichen. Wir gestehen den Kindern Handlungskompetenz zu. Jedes Kind entscheidet selbst, mit was, wem und wie lange es spielen will. Dabei nimmt es sich selbst als Persönlichkeit wahr und dass eigene Bedürfnisse und Vorstellungen ernst genommen und respektiert werden. Im Kontext mit der Gruppe bedeutet diese Praxis gleichzeitig auch Akzeptanz zu üben, dass diese Rechte für alle gelten und man nicht erzwingen kann, mitspielen zu dürfen. Es bedeutet auch, auf ein Spielzeug warten zu müssen bis ein anderes Kind „fertig gespielt“ hat. Natürlich kann das frustrierend sein. Auch diese Frustration aushalten zu können oder durch das Finden von Alternativen zu verarbeiten, ist ein bedeutender Baustein zur Entwicklung einer sozialen Persönlichkeit, die die Herausforderungen des Lebens annimmt.
Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und Selbststeuerung
Mit der Möglichkeit für ausgedehntes freies Spielen fördern wir die Kinder darin, sich selbst einzuschätzen, sich nicht zu unter- oder überschätzen. Wir „zeigen“ ihnen damit nicht ständig auf Fremdhilfe angewiesen zu sein. Ein Kind, das aus eigenem Antrieb handelt, lernt Selbststeuerung und Selbstregulation von Anspannung und Entspannung. Ein Kind, das aus eigener Kraft etwas bewältigt, erwirbt dadurch Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten und kann sich darauf berufend weiteren Lernaufgaben stellen.
Wir beobachten die Kinder, begleiten sie, warten ab, greifen ihre Ideen nicht voraus, lenken sie nicht ab, sondern unterstützen sie, wenn nötig und erwünscht in ihren eigenen Aktivitäten. Damit ermöglichen wir den Kindern, ihre Fähigkeiten zu erkennen und ihnen zu vertrauen und darauf aufbauend weitere Herausforderungen meistern zu können.
Unsere Räume sind so gestaltet, dass grundsätzlich alles, was die Kinder aus eigener Kraft erreichen, auch erlaubt ist. Das heißt, die Kinder sollen sich frei fühlen, die Sachen und Räume im Laden nach ihren Vorstellungen zu nutzen. Dazu gehört die Regel, dass sie genutzte Spiele, Materialien an ihre ursprünglichen Orte zurückbringen und die Räume wieder in den Ursprungszustand versetzen. So ist die Umgebung für alle Kinder wiederhergestellt. Auf diese Weise können Sachen an bestimmten Orten selbstständig gefunden und benutzt werden. Auch unterstützen wir auf diese Weise, dass die Kinder Handlungen bewusst abschließen. Das fördert ihre Selbststeuerung und Konzentration. Selbstverständlich helfen die Erwachsenen den Kindern dabei, sie räumen aber nicht für sie auf, sondern gemeinsam mit ihnen. Beispielsweise teilen sie ein „Riesenchaos“ in übersichtliche Teilschritte auf und übernehmen ein paar davon. Lernen geschieht durch Herausforderung, nicht Überforderung.
Struktur und Sicherheit
Wir schaffen feste „Programmpunkte“. Sie strukturieren den Tag, die Woche und das Jahr: eine gemeinsame „Ankommensrunde“, gemeinsames Essen mit Tischgesprächen; Ruhezeit für Kinder, die schlafen möchten; einmal wöchentlich Musik oder Yoga, feste „Rausgehtage“ und gemeinsame Feste.
Rollenspiele und Verkleiden
Die Rollenspiele beziehen sich oft auf den Alltag der Kinder oder spiegeln erlebte Situationen wider. Dabei üben die Kinder soziale Verhaltensweisen und die Lösung von Konflikten, zum Beispiel beim Verteilen der Rollen. Sich in andere hinein zu versetzen, erfordert und stärkt das empathische Empfinden. Dabei wird eine neue Sichtweise eingenommen, zum Beispiel wie fühlt es sich an, die Mama, der Papa oder das Baby zu sein. Oder es werden Konflikte oder Ängste verarbeitet, zum Beispiel „der große Hund hat mir Angst gemacht – jetzt bin ich selbst der große, starke Hund“.
Höhlen bauen und Verstecken
Höhlen bauen und sich verstecken, können eigene Spiele sein und auch behütete Rückzugsmöglichkeiten zum Beobachten des Gruppengeschehens und des Spiels der anderen.
Bewegung
Durch Klettern, Balancieren, Rennen werden die eigenen motorischen Fähigkeiten immer wieder neu auf die Probe gestellt und erweitert. Gleichzeitig stärkt Bewegung das eigene Körperempfinden. Die Kinder bewegen sich im Spiel auf unterschiedliche Weise. Aber auch die Raumgestaltung des Kinderladens fördert unterschiedliche Bewegungsarten, zum Beispiel die Stufen zur kleinen Hochebene oder der „Pikler-Zaun“ zum Arbeitszimmer hinein erfordern Klettern, die Treppe zur großen Hochebene erfordert Treppensteigen, der Raum unter der kleinen Hochebene erfordert die Bewegung im Vierfüßlergang.
Feinmotorik
Die Feinmotorik wird durch Schaufeln, Sortieren, Malen, Kleben, Basteln, Kneten angeregt und immer weiter verfeinert. Auch das selbstständige Brot schmieren beim Essen oder Wasser einschenken, fördert die Feinmotorik. Bei diesen manchmal scheinbar banalen Tätigkeiten bringen die Kinder ein bedeutendes Maß an Konzentration auf.
Sich kümmern
Es passiert immer wieder – zu schnell gerannt, ein Spielzeug geworfen, einem Kind weh getan… Wir machen dem Kind keine Vorwürfe, sondern deutlich, dass es verantwortlich ist und sich kümmern muss. Wir bemühen uns zu vermitteln, dass nicht Schuldzuweisungen wichtig sind, sondern, dass eine Person für ihr Handeln Verantwortung übernimmt.
Matschen und Kleckern
Zur gesunden Sauberkeitserziehung gehört auch der Umgang mit Matsch, Farben, Kleister, Erde, Sand etc. Diese Materialien stehen den Kindern zur freien Verfügung. Auch beim Essen sind die Kinder in erster Linie selbst tätig und dürfen kleckern. Das hat natürlich zur Folge, dass die Kinder ihre Kleidung und sich selbst schmutzig machen. Sinnvoll ist daher ausreichend Wechselwäsche bereit zu halten. Für die Eltern bedeutet das, Toleranz gegenüber „schmutzig-werden“ und die Kisten ihrer Kinder für Wechselwäsche immer wieder nachzufüllen.
Beim Essen
Wir sitzen mit den Kindern am Tisch und führen Tischgespräche. Bei Bedarf unterstützen wir die jüngsten Kinder beim Essen. Die Kinder können aufstehen, wenn sie satt sind oder nicht mehr essen wollen. Sie müssen nicht unter Zwang aufessen oder kosten. Sie sollen lernen, wie viel Hunger oder Appetit sie haben. Dazu lenken wir ihre Aufmerksamkeit darauf, wie sich bestimmte Lebensmittel oder Zubereitungen im Mund anfühlen, wie es schmeckt, ob ihr Bauch sich voll oder leer anfühlt. Wir ermuntern sie, Dinge auszuprobieren.
Die Kinder können sich selbst weitere Portionen auftun. Falls Essen wiederholt in Mengen weggeworfen werden sollte, achten wir darauf, wieviel Essen sich ein Kind nimmt und besprechen diese spezielle Problematik mit ihm.
Nach dem Essen räumen die Kinder ihr Geschirr selber ab. Sie können sich mit einem Lappen oder im Waschraum Hände und Mund abwischen oder waschen.
Körperpflege
Wir finden es wichtig, dass Körperpflege in einem zwanglosen Rahmen stattfindet. So lassen wir die Kinder selber ihren Mund und ihr Gesicht waschen und unterstützen bei Bedarf.
Wir unterstützen die Kinder, die Toilette zu benutzen, setzen sie dabei keinem Druck aus, in den von Erwachsenen festgelegten Zeiten auf den Topf oder die Toilette gehen zu müssen.
Beim An- und Ausziehen fördern wir die Kinder darin, möglichst viel allein zu schaffen. Beispielsweise lassen wir sie die Jacke holen und begleiten sie so, dass sie aktiv beim An- oder Ausziehen mitmachen und dass sie ihre Kleidungsstücke an die entsprechenden Orte bringen, zum Beispiel Hacken oder die Kiste mit ihren Wechselsachen.
Beim Wickeln
Wir wickeln die Kinder mit ihrer Unterstützung, indem wir unsere Handlungsschritte benennen (dies übrigens immer, nicht nur beim Wickeln) und lassen die Kinder dabei beispielsweise den Fuß reichen, den Po heben usw. Wir nutzen die Pflegesituation zur intensiven Kontaktaufnahme zum Kind und schenken ihm unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.
Situationsansatz
Wir arbeiten im Situationsansatz, das heißt, wir beobachten die Kinder und versuchen auf ihre Wünsche und Bedürfnisse einzugehen und die Umgebung für sie entsprechend vorzubereiten. Wir haben feste „Rausgehtage“, versuchen aber auch spontane Wünsche umzusetzen. An den „Rausgehtagen“ gehen wir direkt im Anschluss an das Frühstück auf den Spielplatz, meist auf die Wilhelmsaue. Die „Rausgehtage“ unterliegen Ausnahmen. Zum Beispiel während Eingewöhnungen stattfinden, gehen wir nicht raus. Wir wollen die Kinder in ihrem Übergang von der Betreuung in Familie zur Betreuung in einer Kindertagesstätte bestmöglich unterstützen, denn das Erleben und der Verlauf der Eingewöhnung hat bedeutende Auswirkungen auf die weitere Entwicklung. Es ist ein herausfordernder und oft unterschätzter Schritt für die Kinder. Wir möchten sie bestmöglich darin unterstützen, wenn sie so viel neues kennenlernen und Vertrauen zu neuen Personen aufzubauen müssen. Sie sollen sich als erstes nur mit den Menschen und Räumlichkeiten im Laden vertraut machen müssen.
Wir haben keine festen Abholzeiten, sondern wollen den Eltern ermöglichen, ihr Kind je nach Situation oder Bedarf abholen zu können.
Tagesablauf
8:15 Uhr
Der erste vom pädagogischen Team und die/der Bundesfreiwilligendienstleistende treffen erste Vorbereitungen für den Tag.
8:30 Uhr bis 9:00 Uhr
Der Kinderladen öffnet und die Garderobe füllt sich mit Ankommenden und Gesprächen. Um 9 Uhr sollen sich alle Eltern verabschiedet haben.
9:00 Uhr bis 10:15 Uhr
In der „Ankommensrunde“, an der die Kinder freiwillig teilnehmen, besprechen wir, wer alles da ist, wer fehlt und was für den Tag geplant ist. Danach können die Kinder in einer Art Gleitzeit frühstücken. Auch das Frühstück ist freiwillig. Manche Kinder haben bereits zu Hause gegessen. Für den Fall, das Zeiten zwischen den Mahlzeiten für manche Kinder zu lang sind, können die Kinder mit Knäckebrot einen kleinen Snack halten. Die Kinder können ihre eigenen Trinkflaschen mit Wasser mitbringen, die sie jederzeit nutzen können oder Wasser aus Gläsern vom Kinderladen trinken.
10:00 Uhr bis 11:45 Uhr
Freispielzeit. Und an einem festen Tag in der Woche findet 45 Minuten Musik oder Yoga statt. Die Kinder können daran teilnehmen, müssen dies nicht. Manche schauen auch nur zu. Wenn keine Eingewöhnungen stattfinden, gehen wir an zwei feststehenden Tagen in der Woche auf den Spielplatz oder in den Park.
11:45 Uhr – 13:00 Uhr
Mittagessen
Je nach Gruppendynamik- und Konstellation essen wir eine Zeitlang mal in einer Gruppe oder in zwei Gruppen. Wir passen unsere Abläufe den Gegebenheiten an und überlegen wie es für die Kinder gut und verständlich ist.
13:00 Uhr bis 14:45 Uhr
Kinder, die schlafen wollen, werden zum Schlafen begleitet. Die anderen haben Zeit und Raum zum Spielen.
14:45 Uhr – 15:00/15:15 Uhr
Aufräumzeit. Zwar gilt es, genutzte Materialien direkt nach Spielende wieder an ihre Plätze zu räumen und Räume wieder so herzustellen wie vorgefunden, jedoch gehen Spiele und Spielorte oft ineinander über. Auch ist uns in manchen Momenten wichtiger, ein neues Spiel der Kinder nicht zu unterbrechen. So bleiben nicht mehr bespielte Sachen auch einfach mal liegen. Und es braucht es am Tagesende eine Zeit, in der sich alle noch einmal grundlegend darum kümmern, dass sich alle Materialien an ihren Plätzen befinden und die Räume im Zustand einer „vorbereiteten Umgebung“ sind. Auch hier gilt, die Erwachsenen räumen nicht für die Kinder auf, sondern mit ihnen und sie sorgen dafür, dass die Kinder nicht überfordert sind.
15:15/15:30 Uhr
Wir essen gemeinsam, was vom Frühstück übrig ist und Obst, Gemüse oder Knäckebrot.
Montag bis Donnerstag endet die Betreuungszeit um 16:00 Uhr.
Freitag endet die Betreuungszeit um 15:30 Uhr.